Der Digitalverband Bitkom hat sich mit den Verwertungsgesellschaften auf die Höhe der urheberrechtlichen Abgaben für Mobiltelefone und Tablet Computer geeinigt. Hersteller und Importeure zahlen 6,25 Euro pro Smartphone bzw. Handy und 8,75 Euro pro Tablet Computer. Für Bitkom-Mitglieder gelten reduzierte Sätze in Höhe von 5 Euro für Mobiltelefone und 7 Euro für Tablets.
„Die Unternehmen haben vorerst Planungssicherheit und auch für die Verbraucher schaffen die Verträge Klarheit“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Die bestehenden Rechtsstreitigkeiten können jetzt beigelegt und neue verhindert werden.“ Leider seien die Verträge erst nach zähen Verhandlungen zustande gekommen. Ursprünglich hatten die Verwertungsgesellschaften bis zu 36 Euro für Mobiltelefone und 15 Euro für Tablets gefordert. „Mit der Einigung haben wir nicht nur die Unternehmen, sondern vor allem die Verbraucher vor weitaus höheren Abgaben bewahrt“, betonte Rohleder. Die Verträge gelten rückwirkend ab dem Jahr 2008 für Mobiltelefone und ab dem Jahr 2012 für Tablets und laufen bis Ende 2018. Für die vergangenen Jahre sowie für gewerblich genutzte Geräte gelten Abschläge auf die Maximaltarife. Nach Bitkom-Schätzungen erhalten die Verwertungsgesellschaften damit ab 2015 zusätzliche Zahlungen in Höhe von rund 170 Millionen Euro pro Jahr allein für diese beiden Produktkategorien.
Mit den urheberrechtlichen Abgaben soll das legale Kopieren von urheberrechtlich geschützten Inhalten wie Musik, Film, Foto oder Text für den privaten Gebrauch abgegolten werden. Die Pauschalabgaben werden auf Geräte wie Computer, MP3-Player, Kopierer, Drucker etc. sowie auf Speichermedien wie USB-Sticks und CD-Rohlinge fällig. Hersteller und Importeure sind verpflichtet, die Abgaben einzupreisen und damit Verbrauchern indirekt das private Kopieren in Rechnung zu stellen. Für die Erhebung und Ausschüttung an die Urheber sind Verwertungsgesellschaften wie die Gema, die VG Wort oder die VGL zuständig.
Der Bitkom begrüßt zwar die Einigung ausdrücklich, kritisiert aber das System der Pauschalabgaben auf Geräte seit Jahren als grundsätzlich untauglich für die digitale Welt. „Das Modell der urheberrechtlichen Abgaben wurde vor fünfzig Jahren erdacht und wird den heutigen Anforderungen und Möglichkeiten nicht mehr gerecht“, sagte Rohleder. Es kämen immer wieder neue Digitalgeräte auf den Markt, bei denen geklärt werden müsse, ob und wie sie für Privatkopien genutzt werden. Gleichzeitig geht der Trend zum Streaming von Inhalten wie Musik oder Filmen. „Beim Streaming geht es nur noch um den Zugang zu Inhalten, Privatkopien gibt es dort nicht mehr“, betonte Rohleder. „Es wird Zeit für Alternativen zum Pauschalabgabensystem, die mit dem Innovationstempo in der digitalen Welt Schritt halten können.“ Dass es auch anders geht, zeigten Länder wie Spanien oder Finnland, die Abgaben auf Geräte ganz abgeschafft haben. Deutlich niedrigere Abgaben als in Deutschland werden zudem in Österreich und den Niederlanden fällig.[1]
Der Bitkom hat erst vor wenigen Tagen eine Erklärung von zahlreichen europäischen Digitalverbänden mit unterzeichnet, die einen Systemwechsel bei den urheberrechtlichen Abgaben fordert. Zwölf europäische Digitalverbände haben in dieser gemeinsamen Erklärung einen Systemwechsel bei Urheberrechtsabgaben gefordert. Die Regeln, nach denen Verbraucher etwa in Deutschland für Drucker oder Smartphones mit bis zu 87 Euro pro Gerät zur Kasse gebeten werden, seien intransparent, führten zu einer Fragmentierung des europäischen Marktes und verhinderten neue Geschäftsmodelle. „Die Urheberrechtsabgaben stammen aus den 1960er Jahren und sind ein anachronistisches Modell aus einer analogen Welt, das für die digitale Welt völlig ungeeignet ist“, sagt Rohleder. Bitkom hat die Erklärung für die deutsche Digitalwirtschaft unterzeichnet. „Wir brauchen völlig neue transparente Regeln, die mit dem Innovationstempo der digitalen Welt Schritt halten können und eine faire Kompensation von Urhebern sicherstellen.“
Die Verbände heben hervor, dass die Urheberrechtsabgabe vor fünfzig Jahren als Notlösung diente, bei der mangels anderer Möglichkeiten damalige Tonbandgeräte mit zusätzlichen Abgaben belegt wurden, um Urhebern einen finanziellen Ausgleich für das private Kopieren zu zahlen. Heute, mit dem Angebot an Streaming-Diensten und der weit verbreiteten Haltung, die Zugang zu Inhalten über deren Besitz stellt, sollten grundsätzlich neue Vergütungsmodelle die bisherige Urheberrechtsabgabe ablösen. Die derzeitige Praxis sei zudem ein großes Hindernis auf dem Weg zu einem europäischen digitalen Binnenmarkt und behindere damit wirtschaftliches Wachstum und Innovationen. Die Verbände verweisen darauf, dass es eine Reihe von Alternativmodellen gebe, die in verschiedenen Staaten bereits erprobt würden, etwa Fondsmodelle, Staatsfinanzierung oder die Berücksichtigung der Kopiermöglichkeit beim Verkaufspreis von urheberrechtlich geschützten Inhalten. „Es reicht nicht aus, das System der Urheberrechtsabgaben nachzujustieren und ein wenig zu reformieren, wir brauchen einen vollständigen Neustart“, so Rohleder.
Der Aufruf zu einer Reform der Urheberrechtsabgabe wurde unterzeichnet von AGEFE (Portugal), ANITEC (Italien), APDETIC (Rumänien), Bitkom (Deutschland), FFTI (Finnland), IT&Telekomföretagen (Schweden), Nederland ICT (Niederlade), PIIT (Polen), SEPE (Griechenland), SFIB (Frankreich), techUK (Großbritannien) und ZIPSEE (Polen).[2]
[1] „Einigung bei Urheberabgaben für Smartphones und Tablets“, 02-Dez-2015. [Online]. Verfügbar unter: https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Einigung-bei-Urheberabgaben-fuer-Smartphones-und-Tablets.html. [Zugegriffen: 03-Dez-2015]. [2] „Europäischer Neustart bei Urheberrechtsabgaben gefordert“, 27-Nov-2015. [Online]. Verfügbar unter: https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Europaeischer-Neustart-bei-Urheberrechtsabgaben-gefordert.html. [Zugegriffen: 03-Dez-2015].Titelbild: © Fotolia 52426761_XS