Nach den Arbeitsmarktreformen hat die französische Regierung nun eine weitere Etappe des geplanten Umbaus der Wirtschaft eingeläutet – die Reform der beruflichen Aus- und Weiterbildung.
Nach einer nicht eben reibungslosen und von öffentlichen Protesten begleiteten Einführung der Arbeitsmarktreformen letztes Jahr, wird es nun keinen zweiten heißen Herbst mehr geben. Es sind sich wohl alle Sozialpartner aus Politik, Gewerkschaften und Wirtschaft einig: eine Investition in die berufliche Aus- und Weiterbildung ist die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit und Fachkräftemangel. Das sahen auch die Abgeordneten so: das Gesetz „für die Freiheit der Berufswahl“ kam glatt durch – mit 137 Ja-Stimmen bei 30 Gegenstimmen.
Es gibt viel zu tun
Die Arbeitslosenquote liegt aktuell bei knapp über neun Prozent, bei den unter 25-Jährigen sogar bei etwas über 20 Prozent (Quelle: Insee). Aber es gibt auch Zahlen, die sehr hoffnungsfroh stimmen. Denn unter den Jugendlichen, die eine berufliche Ausbildung gemacht haben, finden 70 Prozent sieben Monate nach Ausbildungsabschluss eine feste Stelle (Quelle: Arbeitsministerium).
Mehr Freiheiten…
Diese Dynamik will das Gesetzespaket nun aufnehmen und mehr Jugendliche vom Nutzen einer Ausbildung nach dualem Modell überzeugen, das berufliche Praxis und schulische Bildung vereint. Die Regierung lässt sich diese Gesetzesinitiative etwas kosten. So können volljährige Auszubildende eine Hilfe von 500 Euro beantragen, um den Führerschein zu machen. 15.000 junge Auszubildende haben die Möglichkeit, bis 2022 einen ‚Erasmus pro‘-Aufenthalt zu absolvieren. Außerdem werden Ausbildungsgänge auch für Quereinsteiger geöffnet. Das Höchstalter beträgt nun 30 Jahre (und nicht länger 26 Jahre) bei Ausbildungsbeginn.
…und mehr Hilfe…
Ganz im Sinne des Gesetzgebers sollen Freiräume geschaffen werden – für Berufseinsteiger und Unternehmen. Das gilt auch für die berufliche Weiterbildung. Obwohl der Nutzen der beruflichen Weiterbildung besonders in diesen dynamischen und wechselvollen Zeiten unstrittig ist, hat das französische Arbeitsministerium ein Defizit besonders bei unteren Einkommensgruppen und bei den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) festgestellt: wer dort arbeitet, hat einen sehr viel eingeschränkteren Zugang zu Weiterbildungsmaßnahmen als Entscheidungsträger und Mitarbeiter in Großunternehmen. Um diesen Nachteil auszugleichen, haben alle Erwerbstätigen zukünftig ein persönliches Weiterbildungskonto. Größenordnung: 500 Euro für alle und 800 Euro für die weniger Qualifizierten – pro Jahr, zehn Jahre lang.
… für mehr qualifizierte Jobs
Insgesamt investiert Frankreich in den nächsten fünf Jahren 15 Milliarden Euro in die Aus- und Weiterbildung. Eine gewaltige Investition, die sich aber auszahlen wird, findet Didier Boulogne, Geschäftsführer von Business France, einer Agentur, die internationale Investoren für den Standort Frankreich betreut: „Unsere Gesprächspartner aus den Unternehmen der DACH-Region beobachten sehr aufmerksam und wohlwollend, dass das Modell der dualen Berufsausbildung auch in Frankreich nun massiv aufgewertet wird. Das duale Ausbildungsmodell war und ist ja im deutschsprachigen Raum eine Erfolgsgeschichte vor allem für Handwerk und Mittelstand. Genau hier will auch die französische Regierung ansetzen und noch brachliegendes Potenzial besonders bei jungen Geringqualifizierten heben.“
Titelbild: Die französische Regierung investiert in die berufliche Aus- und Weiterbildung. Besonders im Fokus: Die Qualifizierung von Fachkräften in Handwerk und mittelständischen Industriebetrieben, © Business France 2018