Industrie 4.0 ist unter den Bedingungen einer vernetzten digitalen Welt ein länder- und branchenübergreifendes Projekt. Damit wird Interoperabilität – also die Fähigkeit, mit Dritten nahtlos zusammenzuarbeiten, Informationen auszutauschen, zu kooperieren und Dienste zur Verfügung zu stellen – zum Fundament für den Erfolg. Wie die Realität allerdings bereits heute zeigt, findet die eigentliche Revolution von Industrie 4.0 nicht in der Produktion, sondern bei den Geschäftsmodellen statt.
Allerdings ist ein universelles Plug-and-Play in der Industrie 4.0 eine Illusion. Die fehlende Standardisierung ist eines der größten Hemmnisse bei der Verbreitung von Industrie 4.0. Das zeigt eine repräsentative Befragung von mehr als 500 Industrieunternehmen im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. Demnach sagen vier von zehn Befragten (36 Prozent), dass fehlende Standards den Einsatz von Industrie 4.0 in ihrem Unternehmen hemmen. Jedoch werden die inzwischen intensivierten branchenübergreifenden Bemühungen um Standardisierung den einen Industrie-4.0-Standard, der die universelle Interoperabilität für Maschinen und Anlagen aller Art sicherstellt, nicht leisten können. Warten auf den Industrie-4.0-Standard ist daher keine Option.
Der Leitfaden „Interoperabilität im Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0 (RAMI 4.0)“, soll hier Hilfestellung bieten. „Der Leitfaden richtet sich an Entscheider und Fachleute, die sich mit der Umsetzung von Industrie 4.0 in ihren Unternehmen befassen“, sagt Wolfgang Dorst, Bereichsleiter Industrial Internet beim Bitkom. „Die Zielsetzung des Leitfadens ist es, den Unternehmen Mut zu machen, die initialen Schritte ihrer Reise zu Industrie 4.0 zu gehen und Wege aufzuzeigen, wie die wahrgenommenen Hürden methodisch gemeistert werden können.“ Der Leitfaden beschäftigt sich praxisorientiert mit einer der Grundvoraussetzungen zur Realisierung von Industrie 4.0, denn Grundlage des Inhalts bilden die Exkursionen zu drei Unternehmen und einem Forschungsinstitut. Dabei wurden von Experten des Bitkom Arbeitskreises „Industrie 4.0 Interoperabilität“ elf Use Cases über Fragebögen hinsichtlich der jeweiligen Ausprägung der Interoperabilitätsanforderungen bewertet. In der weiteren Auswertung wurden diese aggregiert und im Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0 verortet. „Der Leitfaden soll Interessierten einen methodischen Ansatz zur Evaluation von Interoperabilitätsanforderungen bieten, also um festzustellen, welche der notwendigen Grundvoraussetzungen in Bezug auf Interoperabilität in der eigenen Situation bereits erfüllt sind und in welchen Bereichen Handlungsbedarf besteht“, so Dorst. Der Leitfaden ist hier kostenlos verfügbar.
Geschäftsmodelle in der Industrie 4.0
Industrie 4.0 hat zwar die Wirtschaft erreicht, allerdings sind die Unternehmen bei den Investitionen in innovative digitale Technologien für vernetzte Produktion und Produkte noch zurückhaltend. Wie die Realität bereits heute zeigt, findet die eigentliche Revolution von Industrie 4.0 nicht in der Produktion, sondern bei den Geschäftsmodellen statt. Von besonderer Bedeutung sind dabei digitale Plattformen. Mit ihren datenbasierten Mehrwertdienstleistungen schieben sie sich zwischen Hersteller und Kunde, brechen damit die eingespielten Beziehungen zwischen ihnen auf und fordern so die etablierten Unternehmen ernsthaft heraus. Vor diesem Hintergrund hat sich die Projektgruppe Geschäftsmodelle des Digitalverbands Bitkom intensiv mit den Auswirkungen der Digitalisierung befasst – sowohl mit Blick auf bestehende, als auch auf neue Geschäftsmodelle. Die Ergebnisse sind im Faktenpapier „Geschäftsmodelle in der Industrie 4.0 – Chancen und Potentiale nutzen und aktiv mitgestalten“ dokumentiert.
Ein Geschäftsmodell zu entwickeln, anzupassen oder es unberührt zu lassen ist eine unternehmerische Entscheidung, Bitkom will hierzu Trends aufzeigen und so Entscheidungshilfen geben. „Das Faktenpapier ist ein strategisches Papier und möchte aufrütteln“, sagt Dorst. Nicht die Technik ist bei Industrie 4.0 entscheidend, sondern die digitalen Geschäftsmodelle. Das Faktenpapier richtet sich an alle, die mit Industrie 4.0 Geld verdienen wollen – vom Unternehmensleiter über den Geschäftsentwickler bis hin zu Strategieabteilungen.“
Das Faktenpapier beschäftigt sich mit Geschäftsmodellen und deren Evolution durch die Digitalisierung. Anschließend wird ein Blick auf die vier Branchen Fahrzeugbau, Maschinenbau, Herstellung von DV-, Elektronik-, Optik-Erzeugnissen und elektrischer Ausrüstung sowie SW, IT-, Telco-, Internet-Services geworfen. Dabei wird die Frage beantwortet, warum neue Geschäftsmodelle wichtig für die jeweilige Branche sind und welche Auswirkungen sie auf Branche, Produkte sowie Nutzung haben. Das Faktenpapier ist hier kostenlos verfügbar.
Weitere Leitfäden zum Thema Industrie 4.0
Zum Thema Industrie 4.0 hat Bitkom bereits mehrere Leitfäden veröffentlicht. In dem Papier „Industrie 4.0 – die neue Rolle der IT“ werden etwa Chancen durch Industrie 4.0 für Unternehmen der Digitalwirtschaft beschrieben. So können Unternehmen aus der Digitalwirtschaft beispielsweise neue Anwendungsfelder für ihre Produkte erschließen oder ihren Kunden neue Geschäftsmodelle aufzeigen. Der Leitfaden ist hier kostenlos abrufbar.
Eine empirische Analyse von Anwendungsbeispielen von Industrie 4.0 bietet der Leitfaden: „Industrie 4.0 – Status und Perspektiven“. Dabei geht es vor allem um die Frage, welche Industrie-4.0-Anwendungen bereits am stärksten verbreitet sind. Hierzu wurde das Marktpotential von Anwendungsfällen aus zwei öffentlich verfügbaren Quellen nach Branchen und Anwendungsszenarien von Experten untersucht. Die Ergebnisse sind hier abrufbar.
Titelbild: Industrie 4.0, © Fotolia 82158707 XS